2. SONNTAG DER OSTERZEIT

12. April 2015

Evangelium anch Johannes (20,19-31)

Gedanken zum Evangelium

Zu Ostern haben wir uns wieder daran erinnert, dass Jesus nicht im Tod geblieben, sondern von Gott zu neuem Leben auferweckt wurde. Das ist die revolutionärste Botschaft in der Geschichte der Menschheit. Über keinen anderen Religionsgründer wird so etwas erzählt. Hier bekommen das Leben und der Tod, eine ganz neue Bedeutung. Das haben die Freunde von Jesus zu Ostern erfahren. Sie haben mit dieser Erfahrung gerungen. Die sehr unterschiedlichen Erzählungen in der Bibel weisen darauf hin. Sie sind nur ein Versuch, das Überwältigende, Unsagbare auszudrücken.

Die Ostererzählungen wollen uns deutlich machen, dass Jesus wirklich lebt, dass diese Menschen kein Gespenst vor sich gehabt haben. Der auferstandene Jesus ist kein anderer als der irdische, der vorher gekreuzigt worden und gestorben ist. Seine Wundmale machen das deutlich. Es wird auch nichts über das „Wie“ der Auferstehung gesagt (diese wird nirgends beschrieben) sondern über das „Dass“. Die Erfahrung, dass Jesus lebt, führt zu der „logischen“ Schlussfolgerung, dass Gott ihn auferweckt hat.

Am Schluss des heutigen Evangeliums wird gesagt: „Die Jünger erlebten noch viele andere Wunder Jesu, die nicht in diesem Buch geschildert werden.“ Wir erfahren also nur einige Beispiele, z.B. dieses vom Ostersonntag. Es ist ein Tag voller unfassbarer Ereignisse: Morgens früh waren die Frauen zum Grab gegangen, und fanden es leer vor; Petrus und Johannes, denen sie das erzählten, liefen zum Grab, um sich selbst zu überzeugen; Maria von Magdala war dem Auferstandenen begegnet und hielt ihn zuerst für einen Gärtner – erst als sie ganz persönlich von Jesus angesprochen wurde, erkannte sie ihn. Und am Abend schließlich, als die Jünger sich ängstlich hinter verschlossenen Türen zurückgezogen hatten, trat der Auferstandene in ihre Mitte, hauchte sie an, erfüllte sie mit neuer Lebenskraft.

Dann kommt die Szene mit Thomas, die nur im Johannesevangelium vorkommt. An vier Stellen im Johannesevangelium spielt Thomas eine besondere Rolle - und zweimal begegnet er uns dabei als kritisch Fragender: Als Jesus sich im Abendmahlssaal von seinen Jüngern verabschiedet und unter anderem sagt: „Wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr“, reagiert Thomas so: „Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?“

Jetzt am Ostersonntag ist er nicht dabei, als die anderen ihre Erfahrung mit dem lebendigen Jesus machen. Ihm fehlt diese Erfahrung. Deswegen ist er skeptisch. Goethe lässt seinen Faust sagen: „Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“. Vom Hören allein kommt der Glaube auch nicht. Der Apostel Thomas ist der Prototyp eines Menschen, der sich bis zum Grund seines Lebens durchfragt, der nicht blind den Worten seiner Freunde vertraut, der sich seine Glaubensentscheidung nicht leicht macht. Er will selbst dem auferstandenen Jesus begegnen. Er will selbst spüren, dass die Worte, Taten und Ideen Jesu auch nach seinem Tod lebendige Wirklichkeit sind. Darauf kommt es an: Der Glaube an Jesus soll nicht an Wundern und Erscheinungen hängen, sondern an Erfahrungen mit Jesus. „Selig, die nicht sehen und doch glauben“.

Aber wie komme ich heute mit Jesus in Berührung, ohne ihn zu sehen, wie damals die Apostel ihn sahen? Durch die intensive Beschäftigung mit der Heiligen Schrift; in Gesprächen über ihn und seine Vorstellungen von der neuen Welt Gottes; in der Tischgemeinschaft mit ihm im Gottesdienst; aber auch in der Begegnung mit Menschen, die in seinem Geist leben, die aus dem Glauben an ihn ihr Leben und ihr oft schweres Schicksal meistern, die trotz Krankheit und Leid Gelassenheit, Freude und Hoffnung ausstrahlen. Das alles sind im wahrsten Sinn des Wortes Berührungs-Punkte mit Jesus. Hier ist er auch heute noch lebendig, hier wird er immer noch spürbar. Es ist, wie einer sagte: „Mir helfen da vor allem Menschen, bei denen ich spüre, dass sie gläubig sind und ihr Glaube stimmig ist, dass ihr Glauben vom Leben gedeckt ist.“ Hier haucht Jesus uns auch heute an. Und es gilt auch, was ein anderer sagt: „Komm her zu ihm, zu Jesus, wenn du auch zweifelst! Denn wenn du im Zweifel ehrlich nach ihm suchst, bist du ihm ganz nah!“ So wie Thomas. Thomas bleibt nicht im Zweifel stecken, sondern am Ende macht er eine umwerfende Erfahrung: Es kommt der Punkt, wo alles Prüfen und Kontrollieren ein Ende hat, wo alles Fragen einmündet in Vertrauen und Glauben. „Selig, die nicht sehen und doch glauben.“

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